Friedrich Bombowski war in den Jahren des zweiten Weltkriegs Turmdiener von St. Marien. Gemeinsam mit seiner Tochter Ursula, die später an den Folgen ihrer Rauchvergiftung starb, und mit anderen Helfern rettete er die Kirche vor der Vernichtung durch Feuer. Das Gebiet um die Kirche wurde schwerstens beschädigt, und es ist ein Wunder, dass sie bewahrt wurde. Für diese Bewahrung und Friedrich Bombowskis Einsatz sind die Rostocker sehr dankbar.
Aus seinem Bericht über die Brände der Marienkirche zu Rostock bei den Bombenangriffen am 26. April 1942, 1. und 2. Oktober 1942 und am 24. Februar 1944 (vollständig als Broschüre in der Kirche verhältlich) wird hier der Beginn wiedergegeben:
1. Der Brand am 26.April 1942
Es war am Morgen des 26. April 1942. Drei Nächte hintereinander waren Bomben gefallen. Jede Nacht waren die Flugzeuge um 1 Uhr gekommen. Die Häuser um die Marienkirche brannten fast alle, zum Teil waren sie schon heruntergebrannt. Wir waren gerade dabei, den Holzstall im zweiten Pfarrhaus zu löschen. Am Ziegenmarkt standen viele Menschen und sahen zu, wie Rauchwolken, die über der ganzen Stadt lagen, die Kirche verhüllten. Plötzlich kam ein Windstoß; dadurch wurde der Turm sichtbar, und wir entdeckten entsetzt, daß es in der Turmlaterne brannte. Durch den Funkenflug hatte es gezündet.
Ich lief schnell zur Kirche. Meine Tochter, die mich nicht alleine lassen wollte, lief hinter mir her. Die Wendeltreppe des Turms war ganz in Rauch gehüllt. Wir fassten uns bei den Händen, um uns nicht zu verlieren, und stiegen die 200 Stufen hoch. Bei der ersten Tür, die zur Orgel führt, hielten wir inne. Wir sahen hinein, ob es da etwa schon brannte damit uns nicht der Rückweg abgeschnitten wurde. Dann steigen wir höher bis zum Kreuzgewölbe und bis zur Glockenstube. Der Rauch und die Flammen waren so stark, daß wir uns nasse Tücher um den Mund binden mußten.In der Glockenstube standen unsere Löschgeräte, Wasser und Sand, das alles mußten wir die letzten 78 Stufen hinauftragen, zum Teil auf steilen Leitern. Als wir in der Turmlaterne ankamen, schien es fast aussichtslos, den Brand zu bekämpfen. Aber kurz entschlossen griffen wir mit der Luftschutzspritze an. Die zwei Eimer Wasser, die wir mitgeschleppt hatten, waren bald verbraucht. Nun holte meine Tochter das Wasser herbei, während ich pumpte. Immer wieder lief sie die 78 Stufen der steilen Leitern mit einem Eimer herauf und herunter, immer unter Lebensgefahr. Hauptsächlich der große Balken nach Westen heraus brannte stark, so dass das Feuer schon bis in die Turmspitze schlug.
Als erster kam auf Bitten meiner Frau mein Vetter Anton Donatin aus der Blutstraße [heute: Kröpeliner Straße] uns zu Hilfe. Nachher kamen auch noch andere. Mit vereinten Kräften brachen wir das glühendheiße Kupferblech des Turmes mit der Kreuzpicke los, um besser an den Brand heranzukommen.
Dann überließen wir das weitere Löschen den Helfern, und Ursula und ich hielten Umschau, ob die Kirche etwa noch an anderen Stellen brannte. Wir entdeckten nun am Dachfirst des östlichen Hauptschiffes, dass der ganze Dachstuhl nach Osten heraus brannte. Auch hier war es schwierig heranzukommen, weil der Brand zu hoch lag. Wir erkletterten einen Balken und erreichten ihn mit der Kübelspitze.
Als das Wasser zur Neige ging und der Brand immer mehr um sich griff, so dass die beiden kleinen Türme Feuer gefangen hatten (sie brannten aus und die beiden Kugeln stürzten nach außen ab), wurde die Gefahr und unsere Angst immer größer. Da stürmte meine Tochter die Wendeltreppe herunter, um Hilfe herbei zu holen. Sie traf einige Feuerwehrmänner und flehte sie an, die Kirche zu retten; die Gefahr sei sehr groß, wir hätten kein Wasser mehr und die Kräfte seien am Ende. Die Feuerwehrmänner wiesen sie ab, sie hätten anderes zu tun – es brannte ja überall – sie hätten auch kein Wasser mehr im Hydranten. Nun baten meine Frau und Tochter jeden, der draußen fast kopflos umherlief, beim Wasserholen zu helfen. Schließlich gelang es ihnen eine Eimerkette zu bilden. Viele fleißige Hände schafften das Wasser nach oben, bis endlich die Feuerwehr Schläuche aufs Gewölbe auslegte und Wasser in den Steigrohren hochdrückte. Endlich konnte der Brand energisch angegriffen werden, aber es dauerte noch stundenlang, bis die Gefahr behoben war. Bei der weiteren Kontrolle entdeckten wir auch im nördlichen Querschiff eine gefährliche Stelle. Da brannte ein Balken von unten her, so daß man mit der Spitze nicht herankommen konnte. Denn der Balken lag auf einer Mauer, und darunter war das Gewölbe. Da nahm ich nasse Tücher und klatschte wohl eine halbe Stunde lang damit auf die Glut, bis auch hier die Gefahr beseitigt war. So war es inzwischen 3 Uhr nachmittags geworden. Um 1 Uhr nachts war der Angriff gewesen, und seit 6 Uhr morgens löschten wir. Es zeigte sich nun, daß meine Tochter eine schwere Rauchvergiftung davongetragen hatte. Todesmutig, unter eigener größter Lebensgefahr hatte sie sich mit eingesetzt, um unserer liebe Marienkirche zu retten.